Das geheime Leben der Orcas
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Das geheime Leben der Orcas

Orcas sind kluge Jäger und zugleich auch hochsoziale Wesen. Warum Orca dennoch nicht gleich Orca ist, das erfährst du hier.

Die Region um Vancouver Island ist weltweit der beste Ort, um Orcas in der Natur beobachten zu können. Im Pazifik vor der kanadischen Küste leben sogar drei verschiedene Arten. Das Spannende ist, dass die so genannten Ökotypen nebeneinander her leben. Sie haben weder Kontakt untereinander noch einen gemeinsamen Speiseplan. Hast du das gewusst?

Ein Ökotyp sind die sogenannten Offshore Orcas, die, wie der Name schon verrät, weit draußen im Pazifik leben und daher selten gesehen werden. Wahrscheinlich ist deshalb auch noch nicht so viel über diesen Ökotyp bekannt. Bisher weiß man aber, dass die Offshore Orcas sowohl Fische als auch Säugetiere und sogar Haie fressen. 

Dann gibt es noch die Transients. Auch hier sagt der Name schon viel über diesen Ökotyp aus, denn sie ziehen die Pazifikküste entlang – immer auf der Suche nach Nahrung. Sie jagen vor allem Säugetiere, darunter Seehunde, Seelöwen und andere Walarten.

Zu guter Letzt kannst du hier noch die Resident Orcas beobachten. Da sie den Lachsschwärmen folgen, kommen sie im Sommer gerne in die Gewässer vor Vancouver Island. Dann machen sie Jagd auf den besonders fettreichen Königslachs. Im Vergleich zu den beiden anderen Ökotypen sind sie bei der Nahrung ausschließlich auf Lachs spezialisiert. 

Überblick zu den verschiedenen Ökotypen

Die Resident Orcas vor Vancouver Island

Wenn du in den Gewässern vor Vancouver Island einen Orca entdeckst, dann wird es mit großer Wahrscheinlich ein Resident Orca sein – genauer gesagt ein Northern oder Southern Resident

Die rund 300 Northern Resident Orcas sind vor allem in der nördlichen Meerenge zwischen dem Festland und Vancouver Island anzutreffen. Dort verbringen sie ihren Sommer. Bis heute ist aber nicht ganz klar, wo sie den Winter verbringen. Gesichtet wurden sie aber bereits vor Alaska.

Die wesentlich kleinere Population der Southern Residents (ca. 74 Tiere) kannst du mit etwas Glück in den Gewässern südlich von Vancouver Island treffen. Ihr Jagdgebiet ist die Meerenge zwischen Vancouver Island und dem amerikanischen Bundesstaat Washington. Im Winter ziehen die Wale bis in die Gewässer vor Kalifornien und Haida Gwaii, einer Insel im Norden von British Columbia.

Es gibt rund 300 Northern Resident Orcas, aber nur noch ca. 70 Southern Residents

Orcas leben in sozialen Familienverbänden

Träumst du auch davon, einmal einen Orca in seinem natürlichen Lebensraum zu sehen? Dann geht es dir wie vielen anderen Menschen. Wale haben eine besondere Anziehungskraft auf uns Menschen. Wahrscheinlich liegt es daran, dass sie zwar einerseits kluge Jäger sind, andererseits aber eben auch sehr soziale Wesen. Ihre Familienverbände sind sehr eng und ähneln denen von uns Menschen. 

Das Sozialverhalten der Resident Orcas ist von den drei Ökotypen am besten erforscht. Sie leben in sogenannten Mutterlinien, haben unterschiedliche Rituale und die einzelnen Gruppen eigene Dialekte.

Vielleicht hast du auch schon mal Bilder gesehen, auf denen eine große Gruppe Orcas umher zieht. Diese Familiengruppen sind sehr stark und werden von der Mutter angeführt. Alle Söhne und Töchter, aber auch deren Nachkommen, schließen sich dieser Gruppe an. So können manchmal vier oder mehr Generationen zusammenleben. Entsprechend groß kann so eine solche Gruppe werden.

Wie wir Menschen haben auch diese Gruppen ihre eigenen Rituale. Die Northern Residents haben beispielsweise eine ganz besondere Angewohnheit, die bei anderen Orcas nicht beobachtet werden konnte. Sie suchen gezielt Kieselstrände auf, um sich an den glatten Steinen zu reiben. Dabei lassen sie Luft aus ihren Lungen ausströmen, um langsam abzusinken. Diese sogenannten “Rubbing Beaches” gibt es in der Johnstone Strait, einer Meerenge vor Telegraph Cove. Und weißt du was? Die Orcas werden richtig aufgeregt, wenn sie sich einem Rubbing Beach nähern. 

Und noch etwas haben wir mit ihnen gemeinsam: Dialekte. Je enger die Verwandtschaft, desto mehr Dialekte gibt es bei den Orcas. Diese Laute sind unverwechselbar und kilometerweit zu hören. Ein Kalb lernt die Dialekte übrigens von der Mutter und anderen Familienmitgliedern. Und so, wie es uns manchmal auch schwer fällt, einen anderen Dialekt zu verstehen, geht es den Orcas auch. Jeder Pod, also Gruppe in einer Mutterlinie, hat ein einzigartiges Lautrepertoire, das von anderen Orcas nicht oder nur schwer verstanden werden kann.

Die unglaubliche Geschichte von Springer

Jetzt hast du schon einen ganz schön guten Einblick in das Leben der Orcas bekommen und bist wahrscheinlich noch begeisterter von diesen unglaublichen Tieren. Aber lass uns dir noch eine wirklich berührende Geschichte erzählen – die von Springer. 

Das junge Orca-Mädchen “Springer” wurde 2002 etwa 400 km von ihrer Familie entfernt gefunden. Sie war damals erst zwei Jahre alt. Das war ungewöhnlich, denn in diesem Alter werden Kälber normalerweise nicht von ihren Müttern allein gelassen. Springer hingegen irrte allein in den Gewässern vor Seattle umher. Du fragst dich wahrscheinlich, warum sie nicht einfach Kontakt zu den Orcas in der Gegend aufgenommen hat. Die Antwort ist so einfach wie traurig: Kein Orca in dieser Region sprach ihren Dialekt. Also nahm Springer regelmäßig Kontakt zu den Booten auf. Mit der Zeit stellte sich heraus, dass ihre Mutter verstorben war.

Springer wurde daraufhin von einer staatlichen Forschungsstation gefangen und anschließend von Biolog:innen und Helfer:innen in einem Meeresbecken vor Washington aufgepäppelt. Glücklicherweise wusste man bereits von den Dialekten der Orcas. Mit Hilfe von Unterwassermikrofonen konnten die Laute eindeutig den einzelnen Gruppen zugeordnet werden. So fand man heraus, dass Springer zu den Northern Residents gehören musste. 

Zwei Orcas vor Vancouver Island
@sidocean

Springer wurde daraufhin in die Johnstone Strait gebracht, in der Hoffnung, dass sie ihre Familie wiederfinden würde. Der Ausgang war ungewiss. Würde Springers Familie sie finden und dann auch wieder aufnehmen? 

Springer wurde in ein Meeresbecken in der Johnstone Strait gebracht, wo sie lautstark auf sich aufmerksam machte. Das Glück schien auf Springers Seite zu sein. Bereits am nächsten Tag kamen Familienmitglieder vorbei, um sie zu begrüßen. Sie wurde aus dem Becken entlassen und schloss sich vorsichtig dem Pod an.

Die Freilassung war ein wahrer Erfolg: In den Wochen danach wurde Springer immer wieder mit ihrer Familie gesehen. Heute hat Springer bereits eine eigene Familie. Ihre Kinder “Spirit” (geboren 2013) und “Storm” (geboren 2017) begleiten sie seither. 

Mach dir selbst ein Bild

Ist das nicht eine unglaubliche Geschichte? Sie zeigt einmal mehr, wie faszinierend Orcas sind. Wenn du jetzt unbedingt wilde Orcas beobachten möchtest, dann ist der Norden von Vancouver Island der ideale Ort dafür. Im Vergleich zu den Southern Residents sind die hier lebenden Northern Residents in ihrer Population deutlich stabiler.

Die beste Zeit, um Orcas im Norden von Vancouver Island zu sehen, ist übrigens zwischen Mitte Juli und Oktober. Beobachten kannst du sie vom Kajak aus, auf einer Bootstour oder aber auch direkt vom Strand aus. Ausgewählte Anbieter, die sich an die Regeln des respektvollen Whale Watching halten, findest du an den jeweiligen Aktivitäten.

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