Wiederherstellung von Lebensräumen
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Wiederherstellung von Lebensräumen

In den Rocky Mountains wurden die Lebensräume von Wildtieren durch den Bau von Straßen voneinander getrennt. Nun werden sie schrittweise wieder zusammengeführt.

Die Rocky Mountains sind jedes Jahr aufs Neue ein Anziehungspunkt für Millionen von Menschen. Kein Wunder, denn die Landschaft ist unglaublich und die Seen beinahe unwirklich türkis. Aber wie schafft es die Parkverwaltung, dass es kaum Konflikte mit Bären, Wölfen oder Pumas gibt?

Der verängstigte Schwarzbär auf dem Highway

Bevor wir diese Frage beantworten, möchten wir dir eine Geschichte erzählen. Im Jahr 2014 hat sich in Banff eine herzzerreißende Geschichte abgespielt. 

Ein zimtbrauner Schwarzbär hat es eines Tages geschafft, die Absperrung zum Highway zu überqueren. Was dann geschah, hatte er wohl so nicht erwartet. Im Handumdrehen war er zwischen den fahrenden Autos auf dem Highway eingesperrt. Von allen Seiten rasten Autos an ihm vorbei. Ranger waren zwar schnell zur Stelle, jedoch ohne Erfolg.

Langsames fahren ist hier besonders wichtig

Der völlig verängstigte Bär flüchtete auf den nächstbesten Baum – ein typisches Verhalten, wenn Schwarzbären Angst bekommen. Ganze 36 Stunden verharrte der kleine Bär auf den Ästen und traute sich nicht mehr herunter.

Eines Nachts, als wenig Verkehr war, nutzte er seine Chance. Er wagte den Abstieg und konnte ohne Probleme vom Highway flüchten. Seit diesem Erlebnis wird der Bär wohl einen großen Bogen um den Highway machen.

Gründe für Konflikte zwischen Mensch und Tier

Aber warum kommt es überhaupt zu Konflikten zwischen Mensch und Tier? Schließlich sind die Rocky Mountains mit einer Fläche von fast einer Million Quadratkilometern (USA und Kanada) groß genug, dass sich Mensch und Tier aus dem Weg gehen könnten, oder? In der Theorie ist es so, aber in der Praxis konzentriert sich das Leben vor allem auf die Täler. Die Vegetation ist üppiger, das Wasser sammelt sich in den Tälern und das Vorankommen ist auf der Ebene auch einfacher. Und das geht den Tieren genauso wie uns Menschen. Wir bauen unsere Dörfer und Städte gerne in den Tälern, da der Straßenbau einfacher ist und wir leichter vorankommen.

Kein Wunder also, dass es vor allem im Tal zu Konflikten kommt – einerseits mit den Einheimischen und andererseits mit den Millionen Touristen. Und das passiert häufig unbewusst.

Die Menschen bauen Straßen und zäunen sie ein, um Unfälle mit Tieren zu vermeiden. Damit zerschneiden sie aber gleichzeitig auch die natürlichen Wanderrouten und erschweren den Tieren die Nahrungssuche.

Als Alternative weichen die Tiere dann auf Dörfer und Städte aus, wo sie ungereinigte Grillstellen, Vogelfutterhäuschen, ungesicherte Mülleimer oder Komposthaufen vorfinden. Ein wahres Schlaraffenland für sie. So kommen sich Mensch und Tier immer öfter ungewollt in die Quere – auch wenn der Bär dem Menschen eigentlich aus dem Weg gehen möchte. 

Zudem strömen immer mehr Touristen in die kanadischen Rocky Mountains. Im bekannten Ort Banff sind es jährlich rund vier Millionen Touristen, von denen einige ihren Abfall unbeaufsichtigt liegen lassen, ihr Campinggeschirr nicht direkt abspülen oder ihren Müll nicht bärensicher entsorgen.

Langsames fahren ist hier besonders wichtig

Das lockt die Tiere an und sorgt dafür, dass sie nach und nach ihre Scheu vor dem Menschen verlieren. So wird aus einem Bären ein sogenannter “Problembär”, der den Menschen mit Nahrung in Verbindung bringt. Die traurige Konsequenz: Der “Problembär” wird sicherheitshalber abgeschossen, bevor er zur Gefahr für den Menschen wird. Doch soweit muss es nicht kommen – und wir können ein Vorbild sein!

Friedliches Zusammenleben wieder ermöglichen

Schon heute wird viel getan, um Bären nicht unnötig in die Städte zu locken. Und das gelingt auf zwei Arten:

Zum einen werden die Orte für die Tiere unattraktiv gemacht. Müll wird beispielsweise in bärensicheren Abfallbehältern entsorgt oder Grillstellen nach Gebrauch sofort gereinigt. So gibt es für die Tiere nicht viel zu holen.

Zum anderen wird den Tieren der Weg zu natürlichen Nahrungsquellen erleichtert. Dazu werden Lebensräume, die in der Vergangenheit durch Straßen oder Zäune getrennt wurden, über die ursprünglichen Wanderwege wieder miteinander verbunden. Diese Verbindungen nennt man Wildtierkorridore. 

Was macht einen guten Wildtierkorridor aus?

Die Parkverwaltung hat schon vor Jahren damit begonnen, nach und nach immer mehr Lebensräume wieder miteinander zu verbinden.

Dazu werden Tunnel oder Brücken gebaut, die es den Tieren ermöglichen, z.B. Highways problemlos und sicher zu überqueren. Wenn auf der anderen Straßenseite die Beeren reif werden, können die Tiere einfach den Lebensraum wechseln.

Die Anforderungen an solche Wildtierkorridore sind jedoch sehr unterschiedlich. Als Faustregel gilt: Je scheuer ein Tier ist, desto breiter muss der Korridor sein. Nur so hat das Tier genügend Abstand und traut sich, den Korridor zu über- oder unterqueren. Es gibt aber auch Tiere wie den Wapiti, der sich so an das Zusammenleben mit dem Menschen gewöhnt hat, dass ihm auch ein schmaler Korridor genügt.

Breite Überführungen helfen auch scheuen Tieren

Die Akzeptanz eines Wildtierkorridors wird mit Hilfe von Wildkameras überwacht. Zusätzlich werden die Tiere mit Sendern um den Hals versehen, um anhand der Bewegungsdaten festzustellen, ob weitere Korridore notwendig sind. So werden von Jahr zu Jahr mehr natürliche Wanderwege wiederhergestellt und Konflikte mit dem Menschen vermieden.

Über Sender werden die Wanderrouten der Tiere erforscht

Halte die Augen offen!

Auf deinem Weg durch die Rocky Mountains kannst du auch selbst die Augen offen halten. Auf dem Trans-Canada-Highway werden dir die durchgehenden Zäune links und rechts der Straße auffallen, aber auch die Brücken und Tunnel, die den Tieren als Über- oder Unterführung dienen. 

In Jasper oder Banff angekommen, kannst du zudem einen ausgiebigen Spaziergang durch die kleinen Orte einplanen. Wenn du aufmerksam unterwegs bist, werden dir einige Dinge auffallen, die du von Zuhause so nicht kennst. Zum Beispiel wird es eine Herausforderung sein, die öffentlichen Mülleimer zu öffnen. Auch Vogelfutterhäuschen oder ungereinigte Grills in Vorgärten wirst du nicht finden. 

Und weißt du, was gut ist? Du weißt jetzt, wie wichtig das Verhalten der Touristen ist, damit ein friedliches Zusammenleben von Mensch und Tier in den Rocky Mountains heute und in Zukunft möglich ist. So kannst du ganz nebenbei ein gutes Vorbild sein. Wir wünschen dir viel Spaß und schöne Momente in den Rocky Mountains!

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